Sie sind kaum zu übersehen – und das ist durchaus gewollt: Der Street-Art-Künstler Patrick «REDL» Wehrli hat die Hausnummern der BBZ-Liegenschaften an der Wehntal- und Künzlistrasse neu gestaltet. Damit verbesserte der international renommierten Grafikdesigner, Illustrator und Künstler nicht nur die bisher ungenügende Sichtbarkeit der Nummerierung, er verlieh den einzelnen Adressen auch noch einen unverwechselbaren Charakter. Seit Oktober 2022 begegnet man verblüffenden räumlichen Illusionen, wenn man sich den Eingängen nähert. Diese «3D-Anamorphic-Gestaltung», ist eine besondere Stärke des 53-jährigen und dank «Augmented Reality» lässt sich seine neuste Arbeit am Kiefernweg sogar bald auch noch in Bewegung versetzen… Im Interview erklärt Patrick Wehrli seine enge Verbundenheit mit der BBZ und was ihn antreibt.
Interview: Philipp Grünenfelder/BBZ
Patrick, Du hast deine ersten Lebensjahre in der BBZ gelebt und wohnst heut wieder hier. Was verbindet dich mit uns?
Tatsächlich bin ich bis zu meinem 14. Lebensjahr und der Trennung meiner Eltern in der Stammsiedlung aufgewachsen. Mein Vater engagierte sich damals sogar eine gewisse Zeit im Vorstand und ist bis heute treues Genossenschaftsmitglied, obwohl er längst nicht mehr hier lebt. Es ist toll, dass ich nach einigen Stationen auf dem Land und in anderen Stadtkreisen wieder in die BBZ zurückkehren durfte und nun meine eigenen Kinder hier aufwachsen sehe. Die BBZ ist schlicht meine Heimat.
Bist du hier auch zu deiner Passion als Street-Art-Künstler gekommen?
Irgendwie schon. Die Freude am Gestalten und Malen begleitet mich seit Kindsbeinen. Als dann ca. 1983 die erste Hiphop-Welle aus den USA in die Schweiz schwappte, zog mich diese Kultur sofort magisch an. Ich versuchte mich in Breakdance, als DJ, sammelte einige Erfahrung als Rapper, – und eben auch im Sprayen.
Doch zum Beruf konnte man das damals nicht machen …
Ich habe Fotoretoucheur gelernt, alles noch von Hand und ohne Photoshop (lacht). Dazu gehörte auch der Umgang mit Airbrush, Pinseln, Schablonen usw. Das Handwerk begleitet mich bis heute. Nach der Ausbildung machte ich mich schnell selbständig als Graffiti Künstler, Grafiker und Illustrator. Nur von Leinwand- und Wandbildern konnte ich noch nicht leben. Doch die Haltung zur Kunst in den Strassen unserer Städte hat sich seither kontinuierlich weiterentwickelt und ist heute differenzierter. Praktisch alle können die vielen Schattierungen zwischen so genannten «Schmierereien» und Kunst einordnen – egal, ob es einem dann auch gefällt oder nicht.
Was reizt dich speziell an der Dreidimensionalität?
Es ist faszinierend, mit der menschlichen Wahrnehmung zu spielen, das Gehirn zu überlisten und eine Dynamik zu erzeugen. Als Künstler reizt mich zudem die Weiterentwicklung. Heute haben wir mit der Digitalisierung ganz andere Mittel zur Verfügung. Die Illusionen lassen sich zusätzlich animieren und geraten plötzlich wirklich in Bewegung. Ich bin einer der ersten in der Schweiz, die in der Street-Art damit experimentieren, zum Beispiel mit dem Video zur neusten Arbeit in der BBZ und der Augmented Reality-Version davon, die ich noch am Erstellen bin.
Wie bist du zum Auftrag der BBZ gekommen? Signaletik ist ja nochmals eine ganz eigene Gestaltungskategorie…
Ich fand die Beschriftung der Neubauten persönlich schwierig und ungenügend. Selbst Taxifahrende fanden die richtige Adresse oft nicht. Während Corona hatte ich plötzlich Zeit und Lust, eine Idee zur Verbesserung der Situation zu erarbeiten und dem Vorstand vorzuschlagen. Es freute mich sehr, dass die Verantwortlichen den Mut hatten, sich darauf einzulassen. Im Dialog haben wir einige Punkte angepasst und nach sorgfältiger Planung konnte ich zusammen mit drei Mitarbeitenden schliesslich im Herbst 2022 loslegen. Das Wichtigste bei der Signaletik ist die Lesbarkeit und Logik. Wenn das gegeben ist, darf man in der Gestaltung beliebig damit spielen. Und tatsächlich: Noch während wir Schicht für Schicht auf die Hauswände aufgetragen haben, schrie uns ein Taxifahrer aus seinem Auto die Freude darüber zu … (lacht)
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